Bestandszahlen der seltenen Brutvögel Deutschlands werden bereits seit langem gesammelt.
Der „Arbeitskreis zum Schutz vom Aussterben bedrohter Tiere“ begann 1956 damit, Erhebungen
zum Bestand seltener Vogelarten in der DDR durchzuführen. Das Monitoring seltener Brutvögel
(MsB) in der BRD startete 1977 und wird seither durch den Dachverband Deutscher Avifaunisten
(DDA) koordiniert. Das Artenspektrum, das sich zunächst auf nur sechs Arten beschränkte,
wurde in den folgenden Jahren kontinuierlich erweitert. Nach der deutschen Wiedervereinigung
1990 wurden beide Programme schließlich miteinander kombiniert. Seit 1995 werden im Rahmen
des MsB die Bestände von allen regelmäßig in Deutschland brütenden einheimischen Vogelarten
mit weniger als 1.000 Paaren und von vielen Koloniebrütern regelmäßig ermittelt. Seit Ende
der 2000er-Jahre werden grundsätzlich alle Brutvogelarten als Teil des MsB angesehen, die
über das
nicht in ausreichendem Maße erfasst werden. Um
die Standardisierung des MsB weiter voranzutreiben und sukzessiv immer mehr Arten abdecken zu
können, wurde 2017 damit begonnen, einfache, bundesweit einheitliche Erfassungsvorgaben für
die MsB-Arten abzustimmen und zu etabliert. Dieser Prozess soll kontinuierlich fortgeführt werden.
Gerade die seltenen Brutvogelarten stoßen bei vielen Beobachtern auf großes Interesse, da ihre
Beobachtung ein besonderes Ereignis darstellt und verstärktes Interesse daran besteht, die
Bestandsentwicklungen dieser attraktiven Arten zu verfolgen. Zugleich ist die Organisation der
Erfassung seltener und mittelhäufiger Brutvogelarten im Rahmen eines standardisierten
Monitoringprogramms komplex. Die Vogelarten, auf die das MsB abzielt, sind zu selten oder
regional verbreitet, um über das MhB und seine zufällig verteilen Probeflächen erfasst werden
zu können und stellen ganz unterschiedliche Anforderungen an ein Monitoring, weshalb eine ganze
Reihe unterschiedlicher Erfassungsmethoden nötig ist, um das heterogene Artenspektrum der
seltenen Brutvögel abdecken zu können.
Ziele des MsB
Ziel des MsB ist die kontinuierliche Überwachung der Bestandsentwicklungen seltener Brutvogelarten
in Deutschland, um Bestandveränderungen frühzeitig identifizieren zu können. So kann im Falle
negativer Bestandsentwicklungen die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen begründet und hervorgehoben
werden und zugleich positive Entwicklungen dokumentiert werden. Das MsB zielt dabei vorrangig
auf die Ableitung von Bestandstrends ab. Bestandstrends werden in Form von jährlich fortgeschriebenen
Indexreihen dargestellt und geben Auskunft über die relativen Bestandsveränderungen zum Vorjahr
bzw. zum Basisjahr der jeweiligen Datenreihe. Ein Bestandsmonitoring, also die Erfassung von
Gesamtbeständen, ist nachgeordnetes Ziel, aber zugleich erwünschter Nebeneffekt bei sehr seltenen
oder stark konzentriert vorkommenden Arten, wo dies mit vertretbarem Aufwand möglich ist. Die
Ziele des MsB lassen sich demnach wie folgt zusammenfassen:
Kontinuierliche Überwachung der Bestandsentwicklung seltener Brutvogelarten
Ermittlung von Bestandstrends
Bestandsmonitoring sehr seltener oder stark konzentriert vorkommender Arten
Artenspektrum
Das MsB umfasst grundsätzlich alle Arten, die nicht ausreichend über das Monitoring häufiger Brutvögel
(MhB) abgedeckt sind. Damit deckt das Programm Vogelarten ganz unterschiedlicher Häufigkeit,
Verbreitungsmuster und Lebensraumansprüche ab. Das Spektrum reicht von ausnahmsweise oder unregelmäßig
brütenden Vogelarten, wie z.B. Kappenammer oder Stelzenläufer, bis hin zu den sogenannten mittelhäufigen
Arten. Darunter fallen beispielsweise Küstenvögel und alpine Arten, die zwar vergleichsweise häufig sein
können, deren Bestände sich aber nur auf wenige Vorkommen oder Lebensräume beschränken. Räumlich
konzentriert auftretende Arten wie Haubentaucher, deren Vorkommen an Gewässer gebunden sind, oder
Koloniebrüter wie Grau- oder Purpurreiher zählen ebenso zum Artenspektrum wie weit verbreitete Arten
mit geringer Siedlungsdichte, wie zum Beispiel Kolkrabe oder Schwarzspecht. Insgesamt werden etwa 200
Brutvogelarten dem MsB zugeordnet, darunter eine Vielzahl gefährdeter und besonders geschützter Vogelarten,
u.a. des Anhangs I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie. Es besteht der Wunsch, aber nicht der Anspruch,
die Bestandsentwicklung möglichst aller dieser Arten zukünftig gleichermaßen gut verfolgen zu können.
Erfassungsmethoden
Um das große Artenspektrum abdecken zu können und den unterschiedlichen Verhaltensweise und
Lebensraumansprüchen der MsB-Arten Rechnung tragen zu können, ist das MsB modular aufgebaut.
Das bedeutet, das MsB besteht aus einer ganzen Reihe verschiedener
, die jeweils
einzelne Arten oder kleinere Artengruppen abdecken und diese, mit auf die jeweiligen Zielarten
zugeschnittenen Methoden, erfassen. So werden beispielsweise Koloniebrüter, wie Saatkrähe oder
Graureiher, in artspezifischen Modulen an ihren Koloniestandorten erfasst, während mehrere Spechtarten
gemeinsam an definierten Stopps entlang von Zählrouten erfasst werden. Wiesenlimikolen werden hingegen
flächig innerhalb von festgelegten Zählgebieten gezählt – so wie dies vielerorts bereits seit vielen
Jahren der Fall ist.
Der Fokus auf die Ermittlung von Bestandtrends ermöglicht es, den Erfassungsaufwand relativ gering zu
halten. Die Kombination aus einfachen, stark standardisierten Erfassungsmethoden und dem Fokus auf
einzelne Arten oder kleinere Artengruppen ermöglicht es auch Menschen mit begrenztem Zeitbudget oder
ohne langjährige Erfahrungen im Vogelmonitoring, sich am MsB zu beteiligen.
Informationen zu den aktuell verfügbaren Modulen des MsB, deren Artenspektren, Erfassungsmethoden und
Zähltermine, Hinweise wie Sie sich beteiligen können und wie die Dateneingabe in ornitho.de funktioniert,
finden Sie unter dem nachfolgenden Menüpunkt.
Organisation
Das MsB ist — wie die anderen vom DDA koordinierten Erfassungsprogramme auch —
hierarchisch strukturiert. Das heißt, der DDA ist nur auf übergeordneter bundesweiter Ebene tätig.
Die eigentliche Koordinations- und Organisationsarbeit, das heißt insbesondere die Ansprache und
Betreuung der Zählerinnen und Kartierer, erfolgt auf Ebene der Bundesländer über die landesweiten
Fachverbände sowie die Staatlichen Vogelschutzwarten. Vor allem in den großen Bundesländern
unterstützen — rein ehrenamtlich — auf lokaler Ebene auch viele Fachgruppen und ornithologische
Arbeitsgemeinschaften die Erfassungen. Die Erfassungen selbst werden zum überwiegenden Teil von
Ehrenamtlichen durchgeführt. Es fließen jedoch auch eine Vielzahl von Daten, die im Auftrag der Landesfachbehörden erhoben werden, in das MsB ein.
Ohne dieses enorme, vielfach ehrenamtliche Engagement auf allen Ebenen wäre das MsB unmöglich,
und unser Wissen über die Bestandssituation der Vogelwelt entspräche nicht im Ansatz dem, auf das
wir heute zurückgreifen können!
Fragen und Kontakt
Haben Sie Fragen oder möchten mehr wissen über das Monitoring seltener Brutvögel, dann wenden Sie sich gerne an:
Dr.
Malte
Busch
DDA-Geschäftsstelle
An den Speichern 2
48157 Münster