Spezielle Erfassungen von Gänsen haben in Deutschland eine fast ebenso lange Tradition
wie die Wasservogelzählung (WVZ). In den ersten Jahrzehnten standen nur die Gänse im
Fokus der Erfassungen. Mitte der 2000er-Jahre wurden die Schwäne und die Halbgänse als
fester Bestandteil des Programms etabliert, da sie abseits von Gewässern oft gemeinsam
mit Gänsen auftreten. Einige weitere, auf Feldflächen rastende oder nach Nahrung suchende
Arten wurden als „erweiterte Artenliste“ in das Artenspektrum aufgenommen. Seither
heißt das Programm Monitoring „Rastende Gänse und Schwäne“. Es ist ein wichtiger, die
WVZ ergänzender Bestandteil des Monitorings rastender Wasservögel (MrW) in Deutschland.
Die Ziele dieses Programms sind identisch mit denen des MrW.
Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Informationen zu diesem Programm in gestraffter Form.
Ausführlichere Informationen zur WVZ finden Sie im Buch
„Vogelmonitoring in Deutschland – Programm und Anwendungen“, bestellbar
im BfN Buchweltshop.
Wie Sie sich beteiligen möchten, erfahren Sie mehr unter
Warum ein separates Programm zur Erfassung von Gänsen und Schwänen?
Ein ergänzendes Programm für Gänse und Schwäne ist notwendig, da sie sich tagsüber zur
Nahrungssuche oft auf landwirtschaftlich genutzten Flächen aufhalten. Sie werden somit
über die WVZ, deren Zählgebiete sich auf Gewässer konzentrieren, nicht in ausreichendem
Maße erfasst. Es finden deshalb zusätzliche Zählungen in den Nahrungsgebieten
(„Feldzählungen“) sowie Schlafplatzzählungen statt. Warum?
Gänse zeigen eine Reihe von Verhaltensweisen, die weitreichende Auswirkungen auf Bestandserfassungen haben:
Sie schlafen gemeinsam in teilweise sehr großen Ansammlungen, die in vielen Regionen
Norddeutschlands mehrere Zehntausend Individuen umfassen können. Die Schlafplätze
werden in der Dämmerung, oft erst deutlich nach Sonnenuntergang angeflogen. Am Morgen
fliegen sie meist noch vor Sonnenaufgang, jedoch in aller Regel nicht bei vollständiger
Dunkelheit wieder in Richtung der Nahrungsgebiete ab.
Während des Tages verteilen sie sich zur Nahrungssuche ins Umland des Schlafplatzes.
Entfernungen von 20 bis 30 km sind keine Seltenheit.
Schwäne treten in wesentlich kleineren Trupps auf als Gänse, und nur selten
umfassen sie mehrere Hundert Individuen. Sie sind weit weniger mobil als Gänse, entfernen
sich meist nicht so weit von den Gewässern und nehmen während des Tages meist nur kleinräumige
Ortswechsel vor. Ihre Erfassung ist daher mit weitaus weniger Herausforderungen verbunden
als die der Gänse; sie erfolgt vor allem in den Nahrungsgebieten tagsüber.
Die Schlafplatzzählungen konzentrieren sich deshalb auf die Schlafplätze von Gänsen.
Wo wird gezählt?
Die Erfassungen finden in festgelegten Zählgebieten an Schlafgewässern (Schlafplatzzählung)
bzw. auf den Nahrungsflächen in der Feldflur (Feldzählung) statt. Diese werden in vergleichbarer Weise
(gleich bleibende Route und Zählpunkte) bearbeitet. Alle Zählgebiete haben einen bundesweit
eindeutigen Gebietscode, mit dem sie in der bundesweiten Wasservogel-Datenbank des DDA registriert sind.
Wann und wie oft wird gezählt?
Gezählt wird im Binnenland und an der Ostseeküste an bis zu 8 Terminen um die Monatsmitte
(September bis März sowie ggf. Mai; Schwerpunkte s.u.), die bundesweit festgelegt werden.
Dabei gilt die Faustregel: Gezählt wird an dem Wochenende, dessen Sonntag dem 15. am
nächsten liegt. In Niedersachsen und an der Wattenmeerküste in Schleswig-Holstein
orientieren sich die Zähltermine (auch für Gänse und Schwäne) an den Hochwasserzeiten.
Sie können deshalb von jenen im Binnenland und an der Ostseeküste abweichen.
In Nordrhein-Westfalen (seit 2011) und Niedersachsen (seit 2018) wird zusätzlich im Juli
eine Sommer-Gänsezählung durchgeführt. Zähltermin ist das Wochenende vor dem Beginn der
Jagdzeit auf Kanadagans, Graugans und Nilgans, die in NRW am 16. Juli beginnt.
Die Zählungen sollten vorrangig am festgelegten Zähltag durchgeführt werden. Ein Ausweichen
auf die umliegenden Tage ist aber möglich, wenn beispielsweise die Wettersituation am
Zähltag eine zuverlässige Erfassung nicht zulässt.
Wir haben für Sie die
zusammengestellt.
Wie oft sollte gezählt werden?
Der Fokus liegt im Monitoring „Rastende Gänse und Schwäne“ auf den ungeraden Monaten,
in denen Schwerpunkte auf bestimmte Arten gelegt werden. Für diese Arten sollen an dem
Zähltermin die wichtigsten Rastgebiete abgedeckt werden, um verlässliche überregionale
Bestandsschätzungen zu erlangen:
September: Graugans
November: Tundrasaatgans, Blässgans
Januar: alle Arten; in diesem Monat sollte eine größtmögliche Abdeckung der Zählgebiete erreicht werden (Termin der Internationalen Wasservogelzählung)
März: Weißwangengans und Zwergschwan
Mai: Ringelgans
Grundsätzlich werden an allen Terminen immer alle Arten des Artenspektrums gezählt.
Im Oktober, Dezember und Februar erfolgen ebenfalls Gänsezählungen, die jedoch nicht
auf bestimmte Arten ausgerichtet sind.
Antworten auf die Frage „Wie oft soll ich zählen?“ finden Sie unter
Wie wird gezählt?
Schlafplatzzählung oder Feldzählung – welche ist die richtige Methode?
Über eine Erfassung an Schlafplätzen lässt sich der Gesamtbestand von
Gänsen
in einer Region mit vergleichsweise geringem Aufwand in seiner Größenordnung
erfassen, eine Artansprache ist hingegen oft nicht möglich, und die Bestandsangaben
sind teilweise nur grob. Bei Erfassungen in Feldzählgebieten sind eine Differenzierung
nach Arten und eine exakte Bestandserfassung möglich, der Aufwand für die Erfassung
ist jedoch hoch. Welche Methode auf regionaler Ebene angewendet wird, entscheiden
die KoordinatorInnen vor Ort. Eine Kombination beider Erfassungsansätze bringt
oft die besten Ergebnisse: Beim Abflug vom Schlafplatz wird der Gesamtbestand
ermittelt, und während des Tages wird versucht, eine möglichst große Stichprobe
des Schlafplatzbestandes auf den Nahrungsflächen artgenau zu zählen. Die auf den
Nahrungsflächen ermittelten Angaben können dazu genutzt werden, die Anteile der
einzelnen Arten am Schlafplatzbestand zu differenzieren. Bei den Erfassungen in
den Feldzählgebieten sollten neben den Schwänen nach Möglichkeit auch die Arten
der „erweiterten Artenliste“ mitgezählt werden.
Schwäne werden während des Tages in Zählgebieten in der Feldflur gezählt. Schlafplatzzählungen können
auf Gebietsebene ergänzende Informationen liefern, z. B. zur Ermittlung der Bedeutung
eines Gebiets als Schlafgewässer.
Nullzählungen sind vollwertige Zählungen und wichtig!
Wenn keine der zu erfassenden Arten im Zählgebiet anwesend war,
handelt es sich um eine Nullzählung. Nullzählungen sind vollwertige
Zählungen: alle Arten erhalten dann automatisch den Bestand = 0.
Für die Datenauswertung ist diese Information sehr wichtig. Das
gilt für alle Erfassungsansätze!
Erfassungsmethode „Schlafplatzzählung“
Schlafplatzzählungen erfolgen morgens bei Sonnenaufgang, da sich die abendliche
Rückkehr an den Schafplatz oft bis in die Nacht hineinzieht, so dass nicht
alle Gänse erfasst werden können. Der morgendliche Abflug hingegen beginnt
nur selten bei Dunkelheit, die Zählung ist damit vollständiger und präziser.
Vorteilhaft ist, nach Osten zu schauen. Die abfliegenden Gänse sind dann
gegen den heller werdenden Himmel besser zu erkennen. Wichtig ist es, mit
der Dämmerung am Zählpunkt zu sein.
Gezählt werden zunächst die abfliegenden Gänse und am Ende — wenn es
ausreichend hell ist — die am Schlafplatz verbliebenen Vögel. Am
Schlafplatz werden neben den Gänsen auch Schwäne sowie Kraniche erfasst.
Wichtigstes Ziel ist die möglichst exakte Erfassung der Individuenzahl am
Schlafplatz, mindestens differenziert nach Gänsen, Schwänen und Kranichen.
Die Bestimmung insbesondere bei den Gänsen auf Artniveau ist optional, da
diese oft nicht zuverlässig möglich ist. Sie sollte grundsätzlich optisch
erfolgen, nicht anhand der Rufe (Blässgänse sind deutlich ruffreudiger!).
Erfassungsmethode „Feldzählung“
Während des Tages verteilen sich Gänse zur Nahrungssuche ins Umland des
Schafplatzes. Dabei legen die Tiere Strecken von 20 bis 30km zurück. Feldzählungen
auf Nahrungsflächen sollten deshalb tagsüber, ab 1 Stunde nach Sonnenaufgang
durchgeführt werden.
Die Sommer-Gänsezählung erfolgt als „Feldzählung“ während des Tages. Es wird
eine Erfassung zwischen 09:00 und 18:00 Uhr empfohlen. Die Zählungen konzentrieren
sich im Juli vorrangig auf Gewässer und deren unmittelbare Umgebung.
Wichtigstes Ziel ist die möglichst exakte Erfassung des im Gebiet anwesenden
Rastbestandes der zu zählenden Arten (s. u.). Sofern es die zeitlichen
Möglichkeiten erlauben, sollten auch die Arten der „erweiterten Artenliste“
erfasst werden. Gezählt wird nach der „Look-See-Methode“ an vorgegebenen
Zählterminen: Es werden alle Individuen erfasst, die sich zur Zeit der
Zählung im Zählgebiet aufhalten, abfliegen oder landen. Überfliegende Vögel
ohne Gebietsbezug zählen nicht zum Rastbestand. Über die Rastbestände der
einzelnen Arten hinaus sind folgende Angaben bei den Zählungen in den
Nahrungsgebieten zusätzlich wünschenswert:
punktgenaue Verortung der einzelnen Trupps
Angaben zum Rast- bzw. Nahrungsflächenhabitat
Jungvogelanteile von Schwänen (zu Gänsen s. „Box“)
Erfassung von Jungvogelanteilen bei Gänsen
Eine Differenzierung von Jung- und Altvögeln bei Gänsen ist zeitaufwändig,
da die Trupps in der Regel groß sind. Zudem ist die Bestimmung
deutlich schwieriger als bei Schwänen und teilweise nur in einem
kurzen Zeitfenster im Herbst möglich. Angaben zum Jungvogelanteil
werden deshalb über ein spezielles Zählernetzwerk gesammelt.
Für die arktischen Gänse wird das Zählernetzwerk koordiniert von
Kees Koffijberg.
Bitte setzen Sie sich mit ihm in Verbindung,
wenn Sie sich beteiligen möchten.
Artenspektrum
Bei Feldzählungen werden alle Schwäne, Gänse und Halbgänse (z.B. Brandgans),
einschließlich aller Neozoen (z.B. Nilgans) sowie Hybriden erfasst. Optional
ist die Erfassung weiterer, auf Feldflächen rastender oder nach Nahrung
suchender Wasservogelarten wünschenswert („erweiterte Artenliste“). Wann
immer es die zeitlichen Möglichkeiten erlauben, sollten diese Arten miterfasst werden.
Bei Schlafplatzzählungen werden nur Gänse und Schwäne sowie Kraniche erfasst
(keine erweiterte Artenliste).
Welche Arten zu „Basis-Artenliste“ und welche zu „erweiterte Artenliste“ zählen,
finden Sie in der nachfolgenden Tabelle:
Modul „Feldzählung“
Modul Schlafplatzzählung
Arten(gruppe)
Artenliste (Basis)
Artenliste (erweitert)
Artenliste (Basis)
Artenliste (erweitert)
Schwäne 1
Es gibt keine erweiterte Artenliste
Gänse 1
Halbgänse 1, 2
Silberreiher
Graureiher
Kranich
Kiebitz
Goldregenpfeifer
Großer Brachvogel
Regenbrachvogel
Kampfläufer
Kornweihe
1 inkl. aller nicht-heimischen Arten und Hybriden 2 inkl. Brandgans
Fragen und Kontakt
Haben Sie Fragen oder möchten mehr wissen über das Monitoring-Modul „Rastende Gänse und Schwäne“, dann wenden Sie sich gerne an:
Kees
Koffijberg
DDA-Geschäftsstelle
An den Speichern 2
48157 Münster